Gwendolyn ist ein ganz normaler Teenager – ein bisschen zu albern, wild und kindisch, sie liebt tolle Hollywood-Verfilmungen und verbringt ihre Zeit am liebsten mit ihrer besten Freundin Leslie. Sie lebt in einem großen Haus in London, das sie sich mit ihrer Großmutter, ihren zwei Tanten und ihrer gleichaltrigen Cousine Charlotte teilt. Charlotte ist das genaue Gegenteil von ihr. Sie ist schön, elegant, vernünftig, äußerst gebildet und der Liebling ihrer strengen Großmutter Lady Arista. Ihr ganzes Leben hat sie damit verbracht, Sprachen, Geschichte und Fechten zu lernen und sich einer bestimmten Etikette anzupassen. Denn sie ist diejenige, die das sogenannte Zeitreise-Gen geerbt hat. Gemeinsam mit Gideon, ihrem männlichen Pendant aus einer anderen Zeitreise-Familie, ist sie zu etwas Großem bestimmt.
Alle warten gespannt darauf, dass sich die ersten Schwindelanfälle bei ihr zeigen – und die unkontrollierten Zeitsprünge beginnen. Ein Zeichen dafür, dass sie endlich alt genug ist. Doch nichts tut sich!
Wie auch? Denn wie sich schon bald herausstellt, ist nicht Charlotte die Auserwählte, sondern die stinknormale, verrückte und nur mittelmäßig talentierte Gwendolyn. Es erwischt sie mit voller Wucht und vollkommen unvorbereitet, als sie plötzlich im viktorianischen London landet und schlimmste Ängste ausstehen muss. Niemand hat sie jemals in dieses Familiengeheimnis eingeweiht. Und alle stehen unter eine Art Schockstarre, dass es tatsächlich Gwen ist, die diese große Verantwort tragen soll. Besonders der smarte und attraktive Gideon macht immer wieder deutlich, was er von Mädchen wie ihr hält. Obwohl Gwen findet, dass er sowieso ein arroganter Kotzbrocken ist, verletzt sie sein Verhalten. Da sind immerhin seine schönen Augen, das süße Lächeln, das hübsche Gesicht…
Die nächsten Tage und Wochen wird Gwendolyn im Keller des Geheimrat-Gebäudes verbannt. Nur dort ist sie während ihrer anfänglich unkontrollierten Reisen in die Vergangenheit wirklich sicher. Denn was wäre, wenn ihr dieser Zeitsprung passieren würde, während sie über eine Brücke läuft, die hunderte Jahre zuvor noch gar nicht gebaut wurde? Oder wenn sie Menschen, mit herrlichsten Kleidern und Sonnenschirmen plötzlich mit Jeans und ausgelatschten Turnschuhen entgegenkommen würde?
Man versucht das Bestmögliche, um sie alles vorzubereiten, was auf sie zukommen wird – inklusive Benimm-Unterricht und Kleideranprobe. Denn schon bald wird sie sich mit Gideon auf eine lang geplante Zeitreise begeben müssen, um eine große Aufgabe zu erfüllen.
Doch welche? Welche Verantwortung ist es genau, über die alle sprechen? Obwohl Freundin Leslie (ein Recherchegenie) ihr bestes gibt, um einige Dinge herauszufinden, tappt Gwendolyn im Dunkeln. Sie spürt, dass sie immer wieder belogen wird und niemand sie in das große Geheimnis und den Sinn dieser Zeitsprünge einweihen will. Nur warum?
Rubinrot ist ein zuckersüßer Teenie-Roman. Ganz wie man es auch aus den Frauenromanchen von Kerstin Gier kennt, ist alles locker-flockig und wirklich humorvoll geschrieben. Die Personen sind kauzig und witzig und ein paar Elemente erinnern immer wieder an Harry Potter: Die Geschichte spielt sich in London ab, es gibt eine Schlossschule, dort schwirren Geister umher usw.
Es gibt zwar auch Ansätze einer Liebesgeschichte, aber das Ganze verkommt deswegen nicht zu einer kitschigen Romanze. Dafür ist viel zu oft ein ironisches Augenzwinkern (auch selbstironisches seitens Gwendolyn) mit eingebaut. Im Vordergrund stehen die Zeitreisen und auch die Probleme und Paradoxen, die sich dadurch ergeben. Es ist beispielsweise verboten, Personen umzubringen, da damit Menschen in der Gegenwart verschwinden könnten, weil man die Zeugung ihrer Vorfahren verhindert hat.
Leider gibt es auch einen größeren Kritikpunkt, aber da bin ich mir nicht ganz sicher, ob dieser wirklich die Schuld der Autorin ist. Die Geschichte ist nämlich leider nicht abgeschlossen. Sie hört mittendrin auf und lässt die Leser mit so gut wie allen Fragen allein. Das Buch wirft eine Menge Fragezeichen auf, versäumt es aber, Antworten zu geben. Zwar hat Kerstin Gier eine Trilogie geschrieben, aber ist es deswegen legitim, dass man ein komplettes Buch veröffentlicht, das eigentlich nur aus einer ausführlichen Einleitung besteht? Ich hab noch nie zuvor einen Roman gelesen, der einfach abbricht, ohne zumindest einen einzigen Handlungsstrang zu Ende zu führen. Das Ganze ist pure Geldmacherei seitens des Verlages. Fragt man mich, dann sind alle drei Geschichten eigentlich nur eine einzige, die man ohne Problem in einem dickeren Band hätte zusammenfassen können. Damit hätte man natürlich niemals 40 Euro und mehr pro Stück verdient. Also wurde die Story durch drei geteilt – und der hohe Preis auch. Fragt man mich, dürfte man so etwas gar nicht unterstützen! Bei Harry Potter oder Twilight war es egal, ob man sich nur das erste Buch oder die ganze Serie gekauft hat. Man hat auch so eine tolle und unterhaltsame Geschichte bekommen. Rubinrot macht ohne die Folgebände jedoch wenig Sinn.
Aber auch von dieser Sache einmal abgesehen, finde ich den Hype rund um dieses Buch bzw. um die zwei weiteren Bände ein klein wenig zu übertrieben. Ja, es ist ein niedlicher Roman für zwischendurch, aber nun nicht unbedingt einer, der mit anderen Knüllern aus dem Bereich Young Fantasy oder Romantic Fantasy mithalten kann. Ich weiß, 13 oder 14-jährige Mädchen sehen das sehr wahrscheinlich anders. Aber männlichen oder älteren Leser kann ich nur sagen, dass Rubinrot jetzt nicht unbedingt das ist, was man auf jeden Fall gelesen haben sollte. Stichwörter wie aufregend, ultra spannend oder dramatisch würden mir dazu nicht einfallen. Seicht, aber trotzdem lustig und originell passen da besser. Eine nette Abwechslung– mehr bekommt man nicht.