„Die Liebe ist ein seltsames Spiel, sie kommt und geht von einem zum andern“, das sang Connie Francis vor vielen Jahren. Und weil die Liebe ein zeitloses Thema ist, steckt in diesem Text eine Wahrheit, die heute genauso aktuell ist, wie vor 30 Jahren.

Wer kennt das nicht: Man gibt sich für den Mann oder für die Frau der Träume fast auf. Man macht sich nicht nur unzählige Gedanken, sondern verschenkt auch anhimmelnde Blicke, Schmeicheleien und Komplimente und achtet penibel darauf, treu zu sein und dem Partner das Gefühl von absolutem Vertrauen und Sicherheit zu geben. Man gibt alles, was man hat und liebt so sehr, dass es fast schon weh tut. Aber trotzdem hat man das Gefühl, seinen Partner oder seine Partnerin nicht wirklich zu erreichen. Er oder sie hat kaum mehr als ein müdes Lächeln für all unsere Aufopferungen übrig, wirkt kalt, desinteressiert und scheint einfach nicht zu bemerken, wie viel Mühe wir uns geben. Je mehr man strampelt und kämpft, desto unerreichbarer scheint unser Gegenüber.
Irgendwann kommt dann der Punkt, an dem man sich denkt, alles hätte sowieso keinen Sinn mehr. Man realisiert, dass man nicht die Liebe bekommt, die man verdient und spielt mit dem Gedanken, die Beziehung zu beenden. Und plötzlich wendet sich das Blatt. Mit einmal liegt der Partner uns wieder zu Füßen, fleht uns an, zu bleiben und schwört, dass von nun an alles anders wird. Warum passieren solche Dinge immer erst dann, wenn es eigentlich schon zu spät ist? Und warum kommt es so häufig vor, dass sich trotz aller Versprechen rein gar nichts ändert, nachdem man dem Ganzen eine erneute Chance gegeben hat?  Das ist doch paradox!

Und genau solche Paradoxien untersucht der Psychiater und Psychotherapeut Dr. Dean C. Delis in seinem Buch „Ich lieb dich nicht, wenn du mich liebst“.
Es geht natürlich nicht wirklich darum, dass man aufhört, einen Partner zu lieben, wenn man zurückgeliebt wird, sondern mehr um ein Ungleichgewicht der Gefühle. Eine allgemeine Regel der menschlichen Psychologie besagt, dass wir das Bedürfnis haben, auf Distanz zu gehen, wenn uns zu viel Nähe von außen aufgedrückt wird. Jeder kennt das, wenn er sich in einem überfüllten Geschäft befindet oder wenn Tante Inge einem mit ihren Wangenkneifern wieder einmal zu sehr auf die Pelle rückt.
Kommt eine Liebesbeziehung nun irgendwie aus dem Gleichgewicht – die Ursachen können vom geringen Selbstwertgefühl, schlechten Erfahrungen in der Vergangenheit bis hin zu Kindheitstraumata reichen, dann haben wir eine Person, die etwas mehr Nähe und Aufmerksamkeit braucht, als die andere. Manchmal ist das nur kurzzeitig der Fall und kann schnell wieder ausgeglichen werden. Häufig passiert es jedoch, dass man durch so eine Situation in einen Teufelskreis hineinmanövriert wird. Denn je mehr Person A das Gefühl hat, nicht mehr an ihrem Partner heranzukommen, desto mehr wird sie sich darum bemühen. Und je mehr sich Person B von all diesem Klammern und Aufdrängen erstickt fühlt, desto mehr bemüht diese sich um Distanz.

Man kann kaum zählen, wie viele Beziehungen schon gescheitert sind, weil solche Dynamiken nicht erkannt wurden. Anstatt zu schauen, wer klammert und wer flüchtet, werden falsche Fragen gestellt. Fragen wie: „Findet er mich nicht mehr attraktiv?“, „Geht sie mir fremd“ oder „Habe ich etwas Falsches gesagt?“ Die Folgen sind Schulzuweisungen, Vorwürfe und Streits. Nicht selten glaubt man auch, mit einem selbst stimme etwas nicht – etwa weil man nicht in der Lage ist, seinen Partner zu halten. Oder glaubt, kaltherzig zu sein und nicht lieben zu können.

Anhand zahlreicher Fallbeispiele erklärt Dr. Delis wie und wann dieses Ungleichgewicht entstehen kann, wie man es erkennt und was man dagegen tun kann.
Sobald man diese Mechanismen kennt, hält man ein ganz wichtiges Werkzeug in der Hand. Man ist dann in der Lage, ganz sachlich zu kommunizieren, das Problem beim Namen zu nennen und gemeinsam zu eliminieren. Eine Frau kann dann ganz ehrlich und offen sagen, dass sie etwas mehr Freiraum braucht und sich in letzter Zeit etwas erdrückt fühlt, während der Mann über seine Verlustängste sprechen kann. Vorbei die Zeit, in der man über eine unordentliche Wohnung schimpft, anstatt zu sagen, dass man mehr Luft zum atmen braucht – oder sein Gegenüber dreist beschuldigt, fremdzugehen, anstatt einfach zuzugeben, dass man sich derartige Situationen nur aus Angst ausmalt.

Natürlich kann nicht jedes Problem in einer Partnerschaft damit begründet werden, dass es einen Unter- oder Überlegenen gibt. Es gibt ja tatsächlich chronische Fremdgänger, Lügner oder die Situation, dass beide sich auseinanderleben und schleichend „entlieben“. Da muss man unterscheiden können!
Und ab und zu hat man beim Lesen auch das Gefühl, dass  Dr. Dean C. Deliszu sehr in Schemen denkt. Es gibt nicht nur schwarz und weiß – den Schwachen und den Starken, der, der immer unterlegen und der, der immer überlegen ist. Auch Grautöne können auftauchen. Oder eine Über/Unterlegenheit, die kaum ins Gewicht fällt und damit auch nicht ins Bewusstsein dringt.
Aber das ist ja eigentlich egal. Die Beispiele in „Ich lieb dich nicht wenn Du mich liebst“  sind ja nicht so extrem, weil sie in gleicher Form für einen selbst übertragbar sein sollen, sondern damit man daraus lernt und verinnerlicht, wie und warum es passiert, dass ein Partner mehr liebt, als der andere.

Wer auf ein Buch hofft, in welchem er eine wissenschaftliche Abhandlung findet, den muss ich leider enttäuschen. Dr. Dean C. Delis arbeitet zwar auch als Professor, schreibt aber nichts über Statistiken und Studien. Er bezieht sich lediglich auf das, was er mit und durch seine Patienten erfahren hat und in vielen Jahren beobachten konnte. Für mich persönlich ist das auf jeden Fall sehr interessant, und ich bin mir ziemlich sicher, dass sich so gut wie Jeder, an der einen oder anderen Stelle wiederfinden wird.
Hier gibt es keine Schritt-für-Schritt-Anleitungen, denn jede Situation ist individuell verschieden. Der Autor bietet Hilfe durch Selbstreflektion; wir lernen, in dem wir verstehen. Und plötzlich schüttelt man nicht mehr ungläubig den Kopf, weil Frauen mal wieder auf den Macho stehen, anstatt auf den netten Mann von nebenan, oder wenn Männer zu Schoßhündchen mutieren und sich wie Deppen benehmen, wenn eine Femme Fatale ihm zeigt, wo es langgeht.
Man erkennt, wie verheerend es sein kann, seinem oder seiner Liebsten einerseits in den Hintern zu kriechen oder andererseits wichtige Gespräche zu vermeiden und sein Gegenüber kalt von sich zu weisen.

Ich kann nur jedem raten dieses Buch unbedingt zu lesen. Sie werden in der Lage sein, gescheiterte Partnerschaften zu analysieren, ihre aktuelle Beziehung zu retten oder schon bald endlich ihr großes Glück zu finden! „Ich lieb dicht nicht, wenn du mich liebst“ von Dr. Dean C. Delis ist ganz sicher eine der besten Liebesratgeber auf dem Markt. Ein Must-have für Männlein, Weiblein, jung und alt!