Wer aufhören will, zu rauchen, dem ergeht es nicht anders als all jenen, die dauerhaft viele Pfunde verlieren wollen.

Es muss erst „Klick“ machen, bevor man wirklich ernsthaft bereit ist, die Finger vom Glimmstängel zu lassen. Nur weil man raucht, ist man ja nicht automatisch dumm. Dass Krankheiten die Folge sein können, dass es unattraktiv macht, dass es im Portemonnaie wehtut, das wissen wir ja alle. Nur irgendwie ist keine der Informationen so überzeugend, dass sie uns zwingt, der Sucht ein Ende zu machen.

An dieser Stelle setzt Allen Carr mit seinem Buch „Endlich Nichtraucher – Der einfache Weg, mit dem Rauchen Schluss zu machen“ an. Er selbst war viele Jahrzehnte schlimmer Kettenraucher, bevor er eine Methode fand, den blauen Dunst endlich aus seinem Leben zu verbannen. Und dabei bekräftigt er immer wieder, dass reine Willenskraft keine Rolle spielt, dass der unbedingte Wille, Anstrengung und Disziplin viel mehr dazu führen würden, immer wieder rückfällig zu werden.
Ich habe das Buch einmal für Euch durchgeblättert, um herauszufinden, wie genau sein Konzept denn aussieht. Was macht er mit den Menschen, dass so viele positiv begeistert sind und ihm zu Füßen gelegen haben, als wäre er ein Guru?

Endlich Nichtraucher

Zunächst einmal betont er immer wieder, dass er nicht möchte, dass die Leser mit dem Rauchen aufhören, bevor sie das Buch durchgearbeitet haben. Das hat den einfachen Hintergrund, dass er eben anstrebt, dass sie nach dem berühmt-berüchtigten „Klick“ aufhören, aus reiner Überzeugung, nicht aus Willenskraft.
Auf 187 Seiten und 44 Kapiteln erzählt  uns Allen Carr etwas über sich selbst und über seine Gedanken und Erfahrungen mit dem Thema Rauchen. Wie kommen die Menschen dazu? Warum ist es so schwierig aufzuhören? An welchen Punkt findet die Gehirnwäsche statt und warum erkennt niemand die Wahrheit?
Was ich persönlich für sehr wichtig halte, ist, dass er dabei niemals belehrend wirkt. Er spricht von sich selbst oder von Leuten, mit denen er zusammengearbeitet hat. Er vermeidet es jedoch, Horrorszenarien auszumalen oder Menschen als beratungsresistent und disziplinlos dastehen zu lassen, nur weil sie dem Nikotin verfallen sind.

Im Grunde tut er nichts anderes, als logisch und rational über die gesamte Thematik zu sprechen. Nichts ist dabei wirklich neu. Er hat nur das unglaubliche Talent, zu argumentieren und hinterfragen, dass man sich wirklich öffnet und sich mit auf seinem Pfad bewegt. Trotzreaktionen sollen vermieden werden.
Carr redet zum Beispiel davon, dass Raucher unfrei sind – Sklaven ihrer Sucht. Sie wären ihr gesamtes Leben dazu gezwungen, immer und immer wieder ihr Nikotinpegel aufzufüllen. Stunde um Stunde würden sie Lebenszeit vergeuden, um ihren Körper systematisch zu zerstören. Dabei bringt er Beispiele von sich selbst an, die von außen betrachtet recht normal wirken, durch seine Innenansicht aber leicht schockieren. Anstatt die Hochzeit seiner Tochter zu genießen, rutschte er zum Beispiel unruhig auf der Kirchenbank hin und her und wünschte sich, dass die Zeremonie bitte bald zu Ende gehen möge. Im Nachhinein schämt er sich dafür, dass sein einziger Gedanke den Zigaretten galt und nicht seiner wunderschönen und überglücklichen Tochter.
Und es ist ja immer so: Bricht ein Raucher aus seinen Routinen aus, steht erstmal unter Stress. Er muss herausfinden wann und wo er pausieren und sich der Situation entziehen kann. Wo der geeignete Platz für seine Zigarette ist. Ob es Konferenzen, Konzerte oder Aufführungen sind, überall stellt sich die Frage, wann und wo man möglichst bald eine rauchen kann.
Im Laufe des Buches entkräftet er auch einige Argumente. Er lässt zum Beispiel nicht gelten, dass eine Zigarette wirklich Entspannung bringt. Alles, was der Raucher in diesem Sinne erfährt, ist das Steigen und Sinken seines Nikotinpegels. Er schafft sich mittels seiner Drogen also künstliche Rahmenbedingungen für seine körperlichen Reaktionen. Würde er dafür sorgen, dass der Körper komplett vom Nikotin befreit würde, dann wäre eine Zigarette auch nicht mehr entspannend. Im Gegenteil, sie würde vielleicht zu Zittern und Kopfschmerzen führen, so wie es damals der Fall gewesen ist, als wir unsere ersten Züge genommen haben. Alkoholiker sind ja auch nicht wirklich entspannt, wenn sie morgens ihr erstes Bier in hastigen Zügen trinken – sie sind einfach nur wieder „drauf“.

Allen Carr fragt uns, warum wir schlechte Angewohnheiten nicht ablegen können, während wir es ganz einfach finden, auf tolle Angewohnheiten zu verzichten (etwa ins Kino zu gehen).
Oder warum wir von Genuss sprechen, wo wir uns doch noch genau erinnern können, welche Anstrengung es war, sich das Rauchen überhaupt „beizubringen“, weil wir uns damals vor Ekel geschüttelt haben.
Er setzt in allem, was er sagt, auf Verstehen und Erkenntnis. Carr möchte, dass wir sehen, wie irrational wir eigentlich handeln und den unbedingten Wunsch in uns entfachen, endlich frei zu sein. Nicht mehr in ständiger Gier zu leben, das Leben wieder genießen und schmecken zu können. Er möchte, dass wir sehen, dass Rauchen eine ewige Leere schafft, die selbst dann nicht gefüllt werden kann, wenn wir Kettenraucher werden, und dass ein riesiges Loch in unsere Geldbörse gebohrt wird. Interessant fand ich in diesem Zusammenhang auch sein Argument, man würde sinnvoller handeln, wenn man einen Haufen mit Geldscheinen einfach so verbrennt. Denn beim Rauchen tut man ja das gleiche – nur dass man sich und seinem Körper damit noch zusätzlich schadet.

Wo Erkenntnis ist, da ist der Wille unnötig

Warum diese tiefere Erkenntnis jetzt greifen soll, wo die reine Methode Willenskraft versagt? Er selbst erklärt es so, dass der Drang nach Freiheit so stark wird, dass man ausbrechen möchte. Und dass diese Entscheidung so ein Hochgefühl vermittelt, dass man eine Art Überlegenheit fühlt. Man sieht sich nicht mehr als Person, die verzichten muss, sondern als jemand, der neue Lebensqualität dazu gewinnt. Opfer bringen die Personen, die Geld für nichts bezahlen, sich schaden, für fahle Haut, schlechten Atem und fleckige Zähne sorgen und ihr Leben von einem Kraut bestimmen lassen, nicht diejenigen, die einfach sie selbst sein wollen, ohne lästigen Dunst um sie herum.

Ich selbst rauche schon seit etwa zwei Jahren nicht mehr. Ich habe es damals schlicht und einfach mit der Methode Willenskraft gepackt. Allerdings, und das finde ich recht beeindruckend, hat sein Buch „Endlich Nichtraucher“ etwas in mir ausgelöst. Erst jetzt sage ich mir „Gott sei Dank musst Du nicht mehr rauchen!“ Vorher habe ich mich hin und wieder dabei erwischt, sehnsüchtig auf den Glimmstängel zu starren und andere zu beneiden. Es ist, als würde Allen Carr seine eigene Art von positiver Gehirnwäsche anwenden oder seine Leser hypnotisieren. Ich kann nicht sagen, an welchem Punkt was passiert, sondern nur, dass es funktioniert. Es legt sich ein Schalter im Kopf um, und bekanntlich muss die Veränderung ja erst dort stattfinden, bevor wir auch entsprechend handeln können.

Übrigens ist der Autor tragischer – und auch ironischer Weise im Alter von 72 Jahren an Lungenkrebs gestorben. Ob das die Folgen seiner jahrelangen Sucht waren, oder ob es am ewigen Passivrauchen in seinen Seminaren lag, das vermag wohl niemand zu sagen. Er selbst sagte kurz vor seinem Tod jedoch folgendes:
„Wenn das der Preis war, den ich zahlen muss, um so vielen Rauchern geholfen zu haben, dann zahle ich ihn gerne. Ich bin mir sicher, dass ich bereits vor 20 Jahren gestorben wäre, wenn ich nicht die letzten 23 Jahre als Nichtraucher verbracht hätte. Ich schätze diese Jahre als die wertvollsten meines Lebens ein.“