Wer Twilight mag, wird Splitterherz lieben. Frauen aller Altersklassen dürfen sich auf eine Achterbahnfahrt der Gefühle freuen…

Ich habe eine wundervolle Cousine. Sie ist 29 Jahre alt und wünscht sich von mir jedes Jahr zum Geburtstag ein Buch. Das Problem dabei: Eigentlich liest sie gar nicht so gern. Sie liebt nur romantische, übersinnliche und gefühlvolle Jugendgeschichten á la Twilight. Diese Art von Fantasy-Romanzen sind in der Filmwelt noch rar und bevölkern stattdessen die Buchhandlungen der Republik. Und weil sie glaubt, ich hätte ein gutes Händchen für tolle Stories, bin ich ihre Frau für die entsprechende Auswahl.

Dieses Jahr hat sie von mir Bettina Belitz’ „Splitterherz“ bekommen. Ein wundervolles Buch, welches sie und auch mich restlos begeistert hat und was ich auch Euch nicht vorenthalten möchte.

Es geht um die 17-jährige Ellie, die von ihren Eltern unfreiwillig aufs Land verschleppt wurde. Weil ihr Vater eine Stelle in einer Psychiatrie im Westerwald bekommen hat, geht es von der turbulenten Großstadt Köln in ein winziges Kuhdörfchen mitten im Nirgendwo. Weil sie ein sehr unsicherer Teenager ist, dessen Selbstbewusstsein nur an einem dünnen Faden hängt, versteckt sie sich hinter einer Fassade aus Unsicherheit und Arroganz. Sie gibt das allwissende Großstadtpflänzchen und betrachtet ihre Mitschüler, als würden diese hinterm Mond leben. Kein Wunder, dass sie es innerhalb kürzester Zeit schafft, sich ins Aus zu manövrieren, sich einsam fühlt, ihre Freunde vermisst und sich endlos langweilt.
Die einzige Person, die sie fasziniert, ist der mysteriöse Colin, der allein im Wald wohnt. Doch so recht kann ihr niemand etwas über den großen und stolzen jungen Mann, der sich so geschmeidig bewegt und ein wunderschönes Pferd besitzt, erzählen, denn er scheint bei niemandem sonderlich beliebt zu sein. Es ist, als würden die Menschen sich vor ihm fürchten. Je mehr Ellie über ihn nachdenkt, desto öfter scheint der Zufall zuzuschlagen. Denn immer häufiger passiert es, dass sie direkt in seine Arme rennt.
Wer glaubt, dass sich hier direkt eine schnelle Liebelei entwickelt, der liegt ersteinmal falsch. Vielmehr muss Ellie sich von ihm necken und provozieren lassen. Colin ist niemand, der andere so einfach an sich heran lässt. Was versucht er vor den Dorfbewohnern zu verbergen? Und warum wird Ellie in letzter Zeit immer wieder so furchtbar müde, dass sie mitten am Tag an den seltsamsten Orten einschläft?
Ich möchte nicht zu viel verraten. Nur soviel: Es droht Gefahr, die Colin jederzeit bewusst ist. Er ist nicht, wie die anderen, möchte diese dennoch schützen. Und nicht nur er, sondern auch ein anderer Mensch, dem Ellie eigentlich sehr vertraut, ist in einem übersinnlichen Wirrwarr verwickelt.

Durchaus erfrischend hierbei ist, dass es sich endlich mal um keine Vampirgeschichte handelt. Und nein, auch von Geistern, Feen und Werwölfen wird man nichts lesen. Hier treiben andere mystische Figuren ihr Unwesen.
Der Vergleich zu Twilight drängt sich zwar auf, aber hier wird man mit vielen Komponenten überrascht, die dem Roman einen ganz individuellen Touch geben. Colin ist zwar der geheimnisvolle und starke Unbekannte, aber er ist kein Superheld. Er wird weder als außergewöhnlich attraktiv beschrieben, noch glänzt er mit Charme, Stil und Testosteron. Er hat Ecken und Kanten und überzeugt vielmehr mit trockenem Humor, seiner düsteren Art und einer Prise Sarkasmus.
Ellie tritt in der Geschichte eine tolle und spannende Reise zu sich selbst an. Sie lernt, dass das, was sie ausmacht, bereits in ihr steckt, dass sie kein Make-up, keine angesagte Kleidung und keine beliebten Freunde braucht, um akzeptiert zu werden, und dass ihre Tränen und ihr Mitgefühl ihre Stärke und nicht ihre Schwäche sind.

Bettina Belitz hat einen unglaublich tollen und authentischen Schreibstil, der einfach mitreißt. Die über 600 Seiten lesen sich weg wie nichts, und man bedauert es regelrecht, dem Ende immer näher zu kommen. Mit ihrem klugen Blick fängt sie nicht nur die wunderschöne Natur ein, sondern auch menschliche Details, die in jeder Szene für knisternde Spannung sorgen. Die Konflikte hier liegen überall: Ellie und ihr innerer Konflikt, ihr Ärger über ihre Eltern (die ihr den Umgang mit Colin verbieten wollen) und über ihre Mitschüler, und ihre Sehnsucht nach körperliche Nähe zu Colin, der sie immer wieder von sich stößt. Die Leser können sich auf einen emotionalen Showdown der Extraklasse freuen und sollten am besten auch eine Packung Taschentücher bereit halten. Eine Geschichte, die niemals enden dürfte! Und das wird sie so bald auch nicht, denn die Autorin hat eine Trilogie geplant.

Seit dem 10.Januar ist der zweite Teil „Scherbenmond“ erhältlich, in welchem Ellie nach Hamburg reist. Warum und für wie lange, tja, dafür ist wohl erstmal die Vorgeschichte aus „Splitterherz“ notwendig.
Meine Cousine hat sich Band zwei natürlich sofort besorgt. Bücher, die viel beschäftigte Menschen zu Leseratten mutieren lassen und dafür sorgen, dass sie ohne mit der Wimper zu zucken knapp 20 Euro ausgeben, sind es einfach wert, gelesen zu werden. Irgendwas muss schließlich dran sein 😉