Es war mal wieder an der Zeit, mir die Abendstunden mit einem guten Buch und einer ordentlichen Portion Spannung zu versüßen. Wie es der Zufall so wollte, weckte der Film „Gone Girl“ schon seit geraumer Zeit mein Interesse. Und da Filme nur selten alle Hinter- und vor allem Abgründe eines Thrillers darstellen, wollte ich mich sogleich an den Wälzer wagen. So landete der gleichnamige Roman „Gone Girl“ von Gillian Flynn für 9,99 Euro in meinem Einkaufswagen und die Suche nach der „Wahrheit“ konnte beginnen.
Zur Handlung: Es ist Sommer in dem beschaulichen Örtchen Missouri und Nick und Amy Dunne leben in einer scheinbar perfekten Ehe. Der fünfte Hochzeitstag steht an, das Frühstück duftet und dieser besondere Anlass soll mit einer eigens kreierten Schnitzeljagd zelebriert werden. Doch dann wendet sich das Blatt binnen Sekunden: Amy ist urplötzlich verschwunden, niemand hat etwas gesehen, niemand weiß etwas über ihren Verbleib. Einzig ein verwüstetes Haus samt Kampfspuren liefert die letzten Anhaltspunkte der attraktiven jungen Frau. Nick steht vor einem Scherbenhaufen und ahnt noch nicht, dass seine Odyssee mit diesem Tag erst begonnen hat. Denn schnell verstrickt sich der zunächst liebende Ehemann während der Vermittlungen in ein Konstrukt von Lügen und Widersprüchen. Auch entsprechen seine Verhaltensweisen nicht gerade denen eines liebenden Partners, sodass er im Handumdrehen ins Kreuzfeuer von Medien und Polizei gelangt. Die perfekte Bilderbuchehe von Nick und Amy entpuppt sich immer mehr als Schein und es kommt ans Tageslicht, was für immer verborgen bleiben sollte. An oberster Stelle steht fortwährend die Frage: Was ist mit Amy wirklich geschehen? Und welchen Aufschluss gibt Amys Tagebuch über die angeblich so glückliche Beziehung? Im Visier der Ermittler macht sich Nick schließlich selbst auf die Suche nach Hinweisen. Denn einer Tatsache ist er sich voll und ganz bewusst: als Kinderbuchstar hatte Amy Feinde, viele Feinde….
Trauen Sie niemals dem ersten Eindruck – und auch nicht dem zweiten
Mit “Gone Girl” liefert Gillian Flynn einen tiefschwarzen Thriller und versteht es, ihre Leser von Anbeginn ständig hinters Licht zu führen. Die Autorin steigt mit der ersten Seite in die Geschichte ein und schickt den Leser damit unverzüglich mit Nick auf die Reise. Über allem steht natürlich die Frage: „Hat Nick seine Frau wirklich kaltblütig ermordet oder nicht?“ Die Story wird mit jeder Seite abgründiger und verwickelter, wobei sich die Autorin einer beinahe boshaften Liebe zum perfiden Detail bedient. Was zunächst als beiläufige Nebenhandlungen beginnt, entwickelt sich nur kurze Zeit später zu einer ausgeklügelten Lüge, die so manchen Charakter infrage stellt. Geschickt werden die Ereignisse um Amys Verschwinden dabei abwechselnd aus der Ich-Perspektive aus Nicks Gegenwart und Amys Tagebucheinträgen erzählt.
Obgleich der Tatsache, dass die Hetzjagd auf Nick für reichlich Zündstoff in der Story sorgt, weiß doch vor allem die Tatsache zu erschrecken, welches Ausmaß auftretende Schwierigkeiten annehmen können.
Wenn auch bis hierhin deutlich wird, dass es der Story nicht an Spannung und Cliffhangern mangelt, wird die ungewöhnliche Erzählweise zweifelsohne nicht jedem Leser schmecken. So wird der Leser durch den stetig wechselnden Erzählstil regelmäßig aus den Gedankengängen der Hauptfiguren gerissen und fühlt sich hierdurch nur allzu schnell als Außenstehender der Geschichte.
Fazit: Eine gelungene Komposition aus Thriller und Drama
Gillian Flynn ist mit „Gone Girl“ ein komplexer und hochspannender Mix aus Psychodrama und Thriller gelungen, der die Frage nach dem Schuldigen nicht so leicht zu beantwortet, wie es der Leser zunächst vermutet.
Vielmehr macht die gekonnte Vermischung von Drama und Verbrechen “Gone Girl” zu einer psychologischen Fallstudie über ein makelloses Eheleben, welches sich bei näherem Hinschauen als perfektes Lügenkonstrukt entpuppt.