Pippilotta Viktualia Rollgardina Pfefferminz Efraimstochter Langstrumpf – sie ist das stärkste, lustigste, schnellste und reichste Mädchen der Welt, und Inspiration wie auch beste Freundin für viele Mädchen. Jeder wollte so sein wie sie, denn alles, was Pippi tat, versprach das große Abenteuer. Sie war nicht nur selbstbewusst und absolut glücklich, sondern hat auch ihre Umwelt mit ihrer Euphorie und Lebensfreude angesteckt.

Aber was hält uns eigentlich davon ab, uns von Astrid Lindgrens Romanfigur eine Scheibe abzuschneiden? Wir müssen ja nicht in bunten Ringelsöckchen und roten Zöpfen umherlaufen, um unser Leben ein klein wenig verrückter und bunter zu gestalten. Das dachten sich auch die Autorinnen Christine Weiner und Carola Kupfer, und schrieben gemeinsam das Buch „Das Pippilotta-Prinzip. Ich mach mir die Welt, wie sie mir gefällt“.

Der freche Frauenratgeber

Es handelt sich um einen frechen Frauenratgeber, in dem sie zunächst einmal ergründen, warum es sich überhaupt lohnt, seine Kindheitsträume wieder auszugraben und das Pippilotta-Prinzip anzuwenden.
Unser Leben ist häufig hektisch und eintönig, ständig von Sorgen überschattet, und seien sie noch so klein. Die Zeit bringt die Alltäglichkeit, und die Alltäglichkeit gewisse Mechanismen, die uns das innere Kind vergessen lassen. Dabei ist es so schön, den Kopf voller verrückter Ideen zu haben, kreativ zu sein, lebenslustig, unkonventionell und spontan.

Pippi kannte keine Sorgen; Probleme wurden sofort gelöst. Sie lebte immer im Augenblick und hat jeden Moment voll genossen. Sie hatte weder ein Problem mit dem Anderssein, noch mit dem Alleinsein. Egal, welchen Umständen sie auch entgegenblickte, sie hat sie immer nach ihren Vorstellungen geformt.

Wie der Titel es schon verrät, lautet die Botschaft des Buches also, zum Macher zu werden, und sein Leben selbst in die Hand zu nehmen, anstatt nur darauf zu warten, dass das Glück einen endlich findet. Pippi hat sich nie lenken oder kontrollieren lassen, sondern hat sich ihr Leben nach ihren eigenen Vorstellungen aufgebaut, und sich dabei von niemanden aus der Fassung bringen lassen.

Christine Weiners und Carola Kupfers Lebensratgeber ist in folgenden Kapiteln unterteilt:

–    Mein wertvollster Schatz bin ich
–    Ich weiß was ich will und nutze meine Möglichkeiten
–    Warum vorwärts nur mit rückwärts geht: Der Blick zurück
–    Vom Glück, merkwürdig zu sein
–    Wie findet man heraus, was man wirklich will
–    Wie erleichternd es ist, nicht perfekt zu sein
–    Die Kunst, NEIN zu sagen

Getreu des Mottos „Das Glück deines Lebens hängt von der Beschaffenheit deiner Gedanken ab“, empfehlen die beiden Frauen, destruktive Denkweisen aufzuspüren und durch eine positivere Gesamteinstellung zu ersetzen, Sorgen beiseite zu schieben, die Vernunft auch mal zu vergessen, in vollsten Zügen zu genießen, und sein Anderssein zu zelebrieren, anstatt es immer nur zu verstecken.
Aber wie genau umsetzen?

Sie regen Frauen dazu an, unkonventionell, selbstbewusst und unabhängig aufzutreten und sich ihre eigene Welt, ihre Villa Kunterbunt, zu schaffen.
Nur wie kann man das erreichen?
Das ist die Frage aller Fragen. Ohne Zweifel ist das Pippilotta-Prinzip sehr inspirierend, aber weiterführende Tipps fehlen. Zwar finden sich einige Übungen im Buch, allerdings solche, bei denen man sich grundsätzlich die Frage stellt „Und was soll das jetzt bringen?“ Wenn es nicht schon beim Lesen einen Sinn ergibt, dann ist die Motivation, sich an langen und aufwändigen Textarbeiten zu setzen, nicht sonderlich hoch.

Als Inspiration und zum Schwelgen in Kindheitserinnerungen, ist der Ratgeber durchaus geeignet. Allein die vielen Lindgren-Zitate halten viele Schmunzler für uns bereit. Wie man aber nun genau was ändern soll, das erfährt man hier nicht. „Tun Sie dies und tun Sie jenes“ ist in etwa so hilfreich wie „Ernähren Sie sich gesund und machen Sie mehr Sport“. Die Aufforderung zur Änderung von tief sitzenden Verhaltensmustern kann nicht die Lösung sein. So einfach funktioniert das nicht.

Etwas suspekt war mir auch, warum die Autorinnen Annika, die beste Freundin von Pippi, regelmäßig als Negativbeispiel dargestellt haben. „Wer möchte schon so sein, wie Annika?“ wird oft gefragt. Aber nur weil Annika ein ruhiges und vorsichtiges Kind war, das Respekt vor Erwachsenen hatte, ist an ihr doch nichts auszusetzen?
Sich etwas von Pippis wilder Art abzuschauen mag ja befreiend sein, aber ein Leben, in dem jeder Pippi wäre, stelle ich mir dann doch etwas anstrengend vor.

Fazit:

Wer ein wenig Abwechslung in seine eintönige Gedankenwelt bringen, und die Sehnsucht aus Kindheitstagen erneut entfachen möchte, dem ist mit dem „Pippilotta-Prinzip“ sicher geholfen. Wer aber konkrete Anregungen und Möglichkeiten zur Änderung eingefahrener Verhaltensweisen sucht, der wird leider nicht fündig werden. Unterm Strich sollte man aus dem Bereich Ratgeberliteratur schon etwas mehr sinnvolle und hilfreiche Tipps erwarten dürfen.