Als ich den ersten Band von House of Nights gelesen hatte, habe ich mich vor allem geärgert! Warum? Ganz einfach, weil ich mich ständig gefragt habe, warum ICH nicht auf die begnadete Idee gekommen bin, Harry Potter einfach zu transformieren und aus der Zauberschule Hogwarts das House of Nights, ein Internat für Jung-Vampire zu machen. Der Grund dafür liegt auf der Hand: Ich hatte keinen so talentvollen Vater/ Großvater (Letzteres hatte ich gar nicht) wie das Autorengespann P.C. und Kristin Cast, der auf die logischste aller Erklärungen des Vampir-Daseins gekommen ist: ein Gen-Defekt! So simpel und gleichzeitig so unglaublich genial! Denn genau mit diesem Gen-Defekt beginnt das House of Nights.

 

Zoey wird GEZEICHNET

Am helllichten Tag, mitten in ihrer normalen Highschool, wird die 16-jährige Zoey Redbird – ehemals Zoey Montgomery – von einem Späher GEZEICHNET. Jeder, nicht nur Zoey selbst, weiß, was das bedeutet. Und genau deshalb muss Zoey auch so schnell wie möglich in das Vampir-Internat House of Nights. Denn mit der neuen saphirblauen Mondsichel auf ihrer Stirn ist ihr normales Leben ab sofort vorbei. Im House of Nights kann sie für ihr künftiges Vampir-Dasein ausgebildet werden. Vorausgesetzt, sie überlebt die Wandlung.

Wenn die Nacht zum Tag wird

Das House of Nights ist kein Geheimversteck und auch kein Ort, den man nur über magische Portale erreicht. Das House of Nights ist bei den Normalsterblichen absolut bekannt. Beliebt sind die dort lebenden Vampire jedoch trotzdem nicht. Wie auch? Sie sind nicht tot, nicht lebendig und tagsüber nicht zu sehen. Der Unterricht findet nachts statt, das Frühstück beginnt beim Abendbrot.

Auch in den Büchern von House of Nights sind Vampire noch immer Außenseiter, denen man nur das Schlimmste zutraut. Ausgenommen Zoeys Freunde aus ihrer normalen High-School-Zeit. Denn bei ihnen scheint das Ausmaß von Zoeys neuen Vampir-Zügen noch nicht so richtig angekommen zu sein, was zu einer Vielzahl an Verwicklungen und Abenteuern führt. Insbesondere, da Zoey nicht einfach nur GEZEICHNET, sondern auch mit der Kraft aller vier Elemente gesegnet wurde. Und das ist – wie sollte es auch anders sein – eine absolute Besonderheit für einen Jung-Vampir.

Zusätzlich verdankt Zoey ihrer Großmutter das Wissen um allerlei Cherokee-Rituale, auf das sie immer wieder zurückgreifen muss. Denn die Tatsache, dass die Göttin Nyx – die Vampir-Göttin –  in ihr offensichtlich etwas Besonderes sieht, macht Zoey zwar nicht zur Außenseiterin, verlangt ihr aber jede Menge ab. Denn im House of Nights wüten zwischenzeitlich genauso dunkle Kräfte wie in Hogwarts.

Eulen, Katzen & Co.

Auch wenn es ganz viele Parallelen zwischen dem House of Nights und Hogwarts und damit zwischen Harry Potter und Zoey gibt – angefangen bei der Familiensituation über das internatseigene Haustier bis hin zum auffälligen Mal auf der Stirn – , ist die Welt der Vampire hier nicht ganz so magisch wie die der Zauberlehrlinge.

Das wird insbesondere in der Sprache deutlich, die betont jugendlich herüberkommen soll. Zugegeben, ich kenne keinen Teenie, der so spricht, obwohl ich als Mehrfach-Tante mit nicht gerade wenigen Pubis gesegnet bin, aber: Mich stört die Sprache nicht, auch wenn ich ab und an beim Lesen ins Stocken gerate und einige Sätze 2x lesen muss, bevor der Sinn auf Klotschen durch meine Synapsen gelatscht und endlich beim Verständnis angekommen ist.

Ja, das hätte man teilweise besser lösen können, aber wer hier ein Auge zudrücken kann und Harry Potter gerne gelesen hat, der wird auch das House of Nights lieben. Wer hingegen schon Harry Potter und seine Freunde nicht ausstehen konnte, der wird auch an Zoey Redbird und ihren Mitschülern keinen Gefallen finden. Insbesondere, da die Bücher nicht ganz so unschuldig sind. Hier werden fragwürdige Rituale durchgeführt, berauschendes Blut getrunken und zwischendurch auch mal Oral-Verkehr mitten auf dem Schulkorridor praktiziert. Die Szene hätte sich das Autoren-Gespann vielleicht sparen können, aber schon Erich Kästner hat sich gefragt, warum man als Schriftsteller in Kniebeuge schreiben sollte, nur weil Kinder bekanntlich klein sind. (Ja, ich wollte an dieser Stelle auch einmal mit Wissen glänzen!)

Fazit

Die Kids und Teens von heute sind weitaus aufgeklärter oder besser: abgeklärter als es manchem Erwachsenen wahrscheinlich lieb ist. Und genau deshalb ist House of Nights gerade für Teenager auf dem Weg ins Erwachsen-Werden eine sehr unterhaltsame Buchreihe, die mit Sicherheit nicht den Anspruch erhebt, permanent nachvollziehbar, logisch oder gar tiefsinnig zu sein. Trotzdem kommen auch immer wieder die Themen zum Vorschein, die auch Jugendliche beschäftigen: Wer bin ich? Was kann ich? Was traue ich mir zu? Muss ich jemandem außer mir selbst gefallen? Ecke ich an, wenn ich anders bin? Wer sind meine wahren Freunde und wie erkenne ich sie? Und vor allem: Warum sollte ich die Aufmerksamkeit vieler Jungs eintauschen gegen die Aufmerksamkeit von nur einem einzelnen – vor allem, wenn ich nicht weiß, ob er wirklich der Richtige ist? Letztere Frage versteht sich natürlich mit einem Augenzwinkern meinerseits.

Last but not least:
Eigentlich gut durchdacht, ist der Versuch von P.C. und Kristin Cast, die Reihe so zu gestalten, dass man jederzeit mit jedem Band in die Geschichte um die gezeichnete Zoey einsteigen kann. Denn in jeder einzelnen Geschichte werden die wichtigsten Informationen immer wiederholt. Das allerdings trübt ein wenig den Lesespaß, wenn man Band 1 beginnt und sich dann chronologisch bis Band 8 durcharbeitet. Wobei von Arbeit natürlich keine Rede sein kann, denn der Suchtfaktor ist hoch.