Buchgeschenke sind immer so eine Sache für sich. Ich bekam das Alphabethaus zum Geburtstag. Als ich den Klappentext gelesen habe, war ich skeptisch. Ein Kriegsbuch. Es soll in der Gegend spielen, in der wir wohnen. Einen Adler Olsen hatte ich bis dato noch nicht gelesen. Es heißt, das Alphabethaus ist der Roman, der dem Schriftsteller seine Weltkarriere eröffnete und dass er extra eine Studienreise an den Ort des Geschehens – Freiburg im Breisgau – gemacht hat.

Die ersten etwa 200 Seiten spielen in der Kriegszeit, im Zug und in einer psychiatrischen Klinik. Zwei eng befreundete amerikanische Soldaten stürzen irgendwo in Deutschland ab und gelangen mit einem Lazarettzug voller Verletzter nach Süddeutschland. Überlebenskampf macht kreativ. Dass man nicht immer logisch handelt, wenn es um Leben und Tod geht, mag verständlich sein. Manche Handlungen der Hauptfiguren sind aber schon sehr zweifelhaft. Ob man sich tatsächlich mit dem Dreck unter den Fingernägeln tätowieren kann, weiß ich nicht, aber wenn doch, dann würde ich annehmen, dass es sich entzündet. Es handelt sich hier um die Blutgruppe. Einer hat so viel Schiss aufzufliegen, dass er sich sogar die falsche Blutgruppe eintätowiert. Er bekommt später zweimal das falsche Blut und überlebt. Hier hätte ich mir dann doch eine etwas genauere Recherche des Autors gewünscht. Das kann nur mit der Blutgruppe 0 funktionieren. Leider wird das nicht aufgeklärt. Der Klinikaufenthalt wird sehr ausführlich beschrieben, ist etwas langatmig, aber trotzdem nicht unbedingt langweilig. Einem der beiden gelingt die Flucht. Der Verbleib des anderen ist ungewiss. Es heißt, er ist tot.

Nach 30 Jahren geht die Geschichte in Freiburg weiter. Dem entkommenen Freund, der sich sein Leben recht angenehm eingerichtet hat, lässt der Verbleib des anderen keine Ruhe und er recherchiert bzw. lässt recherchieren. Richtig spannend wird es, als er selbst nach Deutschland reist und sucht.

Mehrere Ungereimtheiten treten im Verlauf des Buches auf. Trotzdem finde ich es unheimlich spannend und habe es schier verschlungen. Dabei habe ich es genossen, von Orten zu lesen, die ich kenne. Selbst mein Geburtsort in Mecklenburg Vorpommern kam vor, was sicher Zufall ist, mir aber das Buch natürlich näher brachte.

Fazit: Für Leser, die über manche Stolpersteine hinwegsehen können und mit ungenauen Recherchen leben können, ist dieses Buch durchaus empfehlenswert. Wer aber eine realitätsnahe Geschichte will, liest lieber Zeitung. Ich habe mir direkt nach dem Lesen dieses Buches einen zweiten Adler Olsen gegönnt und werde mit Sicherheit weitere lesen.

592 Seiten bei einem Preis von 15,90 €

Erschienen im dtv (Deutscher Taschenbuchverlag)